12. Februar 2019
Im Derby fliegen die Fetzen

Wohlen und der HC Mutschellen liefern sich ein Derby, wie es im Buche steht. Viele Emotionen, ein spannendes Spiel, ein überragender Akteur und am Ende ein Sieg der Mutscheller sind das Ergebnis dieser Partie.

Josip Lasic (Sportredaktor Wohler Anzeiger / Bremgarter Bezirksanzeiger)

«Derbysieg», rufen die Mutschellen-Fans. Erst mit der Schlusssirene ist der Erfolg in trockenen Tüchern. Trotz Drei-Tore-Führung der Gäste scheint es bis zur letzten Sekunde so zu sein, als wäre Wohlen in der Lage, das Spiel zu drehen. «Das Momentum drohte mehrmals zugunsten der Wohler zu kippen», sagt Mutschellen-Trainer Stefan Konkol.

Im Derby drohten auch die Emotionen mehrmals überzukochen. Der Höhepunkt war die Rangelei zwischen Wohlens Christoph Schraner und Mutschellens Dario Drazetic. In der zweiten Halbzeit greifen die Wohler an. Drazetic hält Schraner in der Abwehr fest. Plötzlich droht das Gerangel zu eskalieren. Schraner: «Er lässt mich nicht los. Ich ihn auch nicht. Es schaukelt sich hoch. Er wirft mich zu Boden und ich lasse mich davon provozieren.» Spieler und Staff beider Mannschaften müssen eingreifen, um die beiden Streithähne zu trennen.

Spürbare Ausfälle auf beiden Seiten

Die Lage beruhigt sich schnell wieder. Schraner und Drazetic geben sich die Hand. Kurz darauf folgt ein zweites «Shakehands», als sie gemeinsam den Platz verlassen müssen. Der Schiedsrichter zeigt beiden die Rote Karte. «Es war zu Recht Rot. Das gehört so nicht auf das Feld», so Schraner. Mutschellen-Trainer Konkol möchte nicht, dass sich Drazetic dazu äussert. «Es ist besser, ihn in Ruhe zu lassen», so Konkol. «Er weiss, dass er Mist gebaut hat.»

Die Situation hat Einfluss auf das Spiel. «Ich denke nicht, dass die Partie dadurch entschieden wurde», sagt Konkol. «Schraner hat uns aber sehr grosse Probleme bereitet. Traurig waren wir nicht, dass er nicht mehr auf dem Feld war. Obwohl uns Drazetic ebenfalls gefehlt hat», so Konkol. Wohlen-Trainer Daniel Lehmann sieht es ähnlich. «Wir haben ein dünnes Kader. Da wiegt der Ausfall eines Leistungsträgers wie Schraner sehr schwer.» Das war nicht der einzige Grund, weshalb der Ausfall den Wohlern grössere Kopfschmerzen bereitet hat. Zum Zeitpunkt der Roten Karten lautet der Spielstand 14:16 aus Wohler Sicht. Die Gastgeber mussten über die ganze Partie einem Rückstand hinterherrennen. Besonders zu Anfang des Spiels agieren die Wohler zu kompliziert. Man merkt ihnen an, dass sie Handball spielen können. In Tore ummünzen können die Gastgeber ihre Qualität aber nicht.

Anders sieht es bei Mutschellen aus. Die Gäste sind deutlich effizienter als Wohlen. Zum Zeitpunkt der Platzverweise schien es, als würde Wohlen versuchen, eine Aufholjagd zu starten. Ohne Schraner brechen die Gastgeber aber kurzfristig ein. Mutschellen kann bis auf sechs Tore davonziehen. Wohlen kommt wieder heran, aber nie näher als zwei Tore. Ob es mit Routinier Schraner anders gewesen wäre? Wohlen-Trainer Lehmann hätte jedenfalls von einer Roten Karte für die Hitzköpfe abgesehen. «Sie haben sich schnell beruhigt. Eine Zwei-Minuten-Strafe für beide wäre meiner Meinung nach ausreichend gewesen.» Konkol sieht es anders. «Die können froh sein, dass es nicht noch je eine Blaue Karte hinterher gab», so der Mutschellen-Trainer. Mit dieser hätten Schraner und Drazetic mit einer zusätzlichen Disziplinarstrafe rechnen müssen. Wohlen-Spielmacher Andreas Stierli sieht es tendenziell so wie Konkol. «Die Rote Karte für beide geht absolut in Ordnung.»

Partie permanent hart geführt

Kurz vor dem Handgemenge zwischen Schraner und Drazetic steht Stierli im Mittelpunkt. Nach einem Angriff der Wohler kann Mutschellen kontern. Daniel Bossard läuft allein auf Wohlen-Goalie Sascha Rudi zu. Bevor er abschliessen kann, schubst ihn Stierli aus dem Weg. «Ich hatte den Eindruck, dass ich von vorne komme bei der Aktion, die Mutscheller waren der Meinung, dass ich ihn von der Seite wegschubse. So hat sich das Ganze schnell hochgeschaukelt. Es ist halt ein Derby und war sehr emotional. Das Spiel ist dem gerecht geworden», so Stierli. «Unsere grösste Baustelle war die Chancenauswertung. Wenn du hundertprozentige Möglichkeiten nicht nutzen kannst, wird es gegen jeden Gegner schwierig.»

Derby-Held Barbian

Dass Wohlen Probleme im Abschluss hatte, lag unter anderem an Mutschellen-Goalie Ricardo Barbian. Obwohl die Gastgeber nicht schlechter agierten als Mutschellen, bissen sie sich oft am Hexer im Mutschellen-Tor die Zähne aus. Barbian hielt haltbare Bälle und auch viele vermeintlich unhaltbare. «Ich will keinen Spieler aus dem Kollektiv hervorheben», sagt Konkol. «Wenn ich es aber heute tun müsste, wäre es Barbian. Wir wussten, dass eine überdurchschnittliche Goalie-Leistung notwendig sein würde gegen Wohlen. Er hat sie geliefert.» Barbian ist mit seiner Leistung ebenfalls zufrieden. «Ich denke, dass ich durchaus mit mir zufrieden sein kann.» Noch während Barbian das sagt, beglückwünschen ihn Fans zu seiner Leistung. «Wir haben die Tore konsequent gesucht und eine souveräne Teamleistung gezeigt», so Barbian.

Polster für Mutschellen, Dämpfer für Wohlen

In der Tat war die Effizienz der Mutscheller und die Abschlussschwäche der Wohler ein wichtiger Faktor im Spiel. Konkol: «Salopp gesagt, haben wir gewonnen, weil wir drei Tore mehr erzielt haben.» Der Mutschellen-Trainer ist froh über die Punkte. «Wir hatten zum Auftakt der Abstiegsrunde drei Auswärtsspiele. Wenn du da drei Niederlagen einfährst, wird es brutal», sagt Konkol. «Wir konnten jetzt zwei Siege einfahren. Das ist gut für das Selbstbewusstsein. Wir müssen uns aber im Klaren sein, dass wir uns bereits im nächsten Spiel nichts mehr davon kaufen können.»

Wohlen musste nach drei Siegen in Folge den ersten Dämpfer hinnehmen. Lehmann: «Ich gratuliere Mutschellen. Es ist ein gutes Team. Ein Unentschieden wäre allerdings leistungsgerecht gewesen», so der Wohlen-Trainer. «Unsere Chancenauswertung war nicht gut. Wichtig ist, dass wir uns die Chancen erspielen konnten. Wir haben gut gespielt und wissen, woran es gelegen hat. Daran können wir arbeiten», sagt Lehmann. «Die Einstellung der Mannschaft stimmt. Mit dem Auswärtssieg gegen Wacker Thun II haben wir einen unerwarteten Sieg geholt. Wir sind nach wie vor im Soll.»